Jedes Jahr werden etwa hundert Thüringer zu Ersatzhaft wegen Schwarzfahrens verurteilt worden sind, die Strafen aber nicht zahlen können. Sie bleiben nur kurz im Gefängnis. Grünen-Politiker suchen nach Alternativen.
Erfurt. Bei den Grünen in Thüringen gibt es Überlegungen, nach denen Gerichte in Zukunft keine Ersatzfreiheitsstrafen mehr für Schwarzfahrer verhängen sollen. „Wir meinen, dass es höchste Zeit wäre, Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit einzustufen“, sagte die justizpolitische Sprecherin der Grüne-Landtagsfraktion, Astrid Rothe-Beinlich, der Deutschen Presse-Agentur. Angesichts der hohen Belastungen bei Staatsanwaltschaften, Gerichten, Polizei und im Justizvollzug sei das Strafrecht nicht das richtige Mittel, um dem Schwarzfahren zu begegnen.
Die Ressourcen ließen sich besser zur Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten oder organisierter Kriminalität einsetzen, sagte sie. Sie räumte aber auch ein, dass es innerhalb ihrer Partei dazu andere Sichtweisen gebe. Schwarzfahrer müssen bisweilen ersatzweise ins Gefängnis, wenn sie Geldstrafen nicht bezahlen können oder wollen.
Rothe-Beinlich stützt ihre Forderung auch auf Angaben des Thüringer Justizministeriums dazu, wie viele Menschen jedes Jahr wegen zu Ersatzhaft verurteilt werden, weil sei ohne Ticket mit Bus oder Bahn gefahren sind. Demnach kommen seit 2012 jährlich etwa 100 Menschen im Freistaat wegen sogenannter Beförderungserschleichung ersatzweise ins Gefängnis. Durchschnittlich verbrachten die Verurteilten nach den Angaben des Ministeriums zwischen etwa 20 und 30 Tage in einer Haftanstalt.
„Dies ist zu wenig, um eine sinnvolle Tätigkeit oder Therapie im Vollzug aufnehmen zu können“, sagte Rothe-Beinlich. Aber diese Zeit im Gefängnis reiche bereits, um mittellose Menschen sozial noch weiter abrutschen zu lassen - beispielsweise weil eine in Aussicht gestellte Arbeitsstelle nicht angetreten oder Auflagen der Arbeitsagentur nicht Folge geleistet werden könnten.
Es sei deshalb richtig, Schwarzfahren in Zukunft nur noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden und Regelungen zu schaffen, die dazu führten, das sozial Schwache durch Bußgelder nicht übermäßig belastet würden. Beispielsweise könnten sie Sozialstunden leisten, sagte Rothe-Beinlich. Dies könne auch einen erzieherischen Effekt haben.
Ob die Thüringer Landesregierung dem Ansinnen offen gegenüber steht, Schwarzfahren nur noch als Ordnungswidrigkeit einzustufen, steht noch nicht fest. „Hinsichtlich der Sinnhaftigkeit kurzzeitiger Ersatzfreiheitsstrafen ist die Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen“, hieß es in einer Antwort des Justizministeriums.
Die damit in Zusammenhang stehenden Fragen würden derzeit zwischen den Justizministern mehrerer BUNDESLÄNDER sowie dem Bundesjustizministerium erörtert. Im Herbst 2018 solle ein Arbeitsgruppe dazu Ergebnisse vorlegen. Diese würden dann in die Meinungsbildung der Landesregierung einfließen.
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