Facebook zapft von Android-Usern auch SMS- und Anrufdaten an
Immer mehr Facebook-Nutzer werden nach dem Datenskandal zu Ex-Facebook-Nutzern. Dabei machen einige unschöne Beobachtungen.
Berlin. Das Image von Facebook bekommt nach dem Bekanntwerden des Datendiebstahl von Cambridge Analytica weitere Risse. Neue Kritik wird unter Android-Nutzern laut, die ihren Account als Reaktion auf den Skandal gelöscht haben.
Einige von ihnen haben beim Durchsehen ihrer von Facebook gespeicherten Daten bemerkt, dass die Apps des sozialen Netzwerks auch auf ihre SMS- und Anrufdaten zugegriffen haben – und das ohne ihr Wissen. Unter anderem der „Guardian“ hatte darüber berichtet.
Als „gruselig“ und „unheimlich“ bezeichnen einige Twitter-User, was sie in ihren Facebook-Informationen gefunden haben. Facebook, das nach Bekanntwerden des Datenskandals zunächst alles andere als reaktionsfreudig war, reagierte dieses Mal schnell auf die Vorwürfe und wies die Schuld in einem Blogbeitrag von sich.
Der Tenor: Das Anzapfen dieser Daten sei nichts Ungewöhnliches, andere machen das auch, Nutzer könnten die Funktion jederzeit abstellen, und außerdem wird das alles ja nur gemacht, damit die Nutzer-Erfahrung noch besser wird.
Umstrittene Funktion wurde laut Facebook 2015 eingeführt
Zum Abschluss des Beitrags gibt es noch ein fettgedrucktes Versprechen: „Wir verkaufen diese Daten nicht, und das Feature sammelt keine Daten über den Inhalt der Textnachrichten und Anrufe.“
Ein schwacher Trost, für viele (Ex-)Nutzer, die davon bislang nichts wussten und der Datennutzung offenbar unwissentlich zugestimmt haben. Für Datenschützer keine Überraschung: Sie hatten Facebook in den letzten Jahren immer wieder mangelhafte Transparenz bei AGBs, beim Erklären von Funktionen und beim Datenaustausch mit weiteren Anwendungen wie WhatsApp oder Spiele-Apps vorgeworfen.
Laut Facebook wurden die Zugriffe auf SMS und Anrufe 2015 eingeführt, damit sich Nutzer von Facebook Lite und Facebook Messenger einfacher mit Kontakten, die ihnen wichtig sind, verbinden können. Nutzer von Apple-Geräten sind an dieser Stelle weniger gläsern: Das Betriebssystem iOS erlaubt Anwendungen keine Einblicke in SMS- und Anrufdaten.
Der Datenskandal um Facebook beschäftigt mittlerweile Nutzer, Datenschützer und Politiker weltweit. Vor rund einer Woche war bekanntgeworden, dass sich die britische Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica unerlaubt Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Profilen verschafft hat. Mit Hilfe dieser Daten sollen Wähler im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump gezielt mit unerlaubter Wahlwerbung beeinflusst worden sein.
Barley will Facebook künftig strenger überwachen lassen
Bundesjustizministerin Katarina Barley hatte sich am Montag mit dem europäischen Vize-Chef von Facebook, Richard Allan, getroffen. Barley kündigte danach an, Technologieunternehmen wie Facebook künftig strenger zu überwachen. „Wir wollen informierte Nutzer, die Entscheidungen bewusst treffen.“ Der US-Konzern habe im Gespräch Bereitschaft signalisiert, mehr Transparenz beim Einsatz von Algorithmen zu zeigen.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg soll im Zuge des Datenskandals vor dem Justizausschuss des US-Senats aussagen. Der Vorsitzende des Komitees, Charles Grassley, teilte am Montag mit, er habe Zuckerberg sowie die Chefs des Google-Mutterkonzerns Alphabet und des Kurznachrichtendienstes Twitter für den 10. April zu einer Anhörung eingeladen.
Zuckerberg solle sich darüber auslassen, wie Facebook in der Vergangenheit und künftig mit dem Schutz und der Überwachung von Kundendaten umgehe.
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